Jetzt werden wir bald wissen, ob sich unsere wochenlange Arbeit ausgezahlt hat: Zusammen mit meinem kleinen Team habe ich die zwei Mercedes-Benz Sprinter und Mercedes-Benz Vito für die diesjährige Aïcha de Gazelles technisch vorbereitet und Rallye-tauglich gemacht. Und wir werden als Service-Techniker mit dabei sein, wenn sich unsere Frauen-Teams durch die Marokkanische Wüste kämpfen.
Ihrer Natur oder Bauart nach sind die Mercedes-Benz Sprinter und Mercedes-Benz Vito als Transporter keine klassischen Rallye Fahrzeuge. Aber genau darin liegt ja der Reiz, sie dahin zu entwickeln. Und sie bringen eine für Rallyes unverzichtbare Grundeigenschaft mit: Ihre Robustheit.
Robuste, große Fahrzeuge haben mich schon immer fasziniert. Meine Leidenschaft passt zum Titel einer Fachzeitschrift: „Alles Allrad“. Ich machte eine Ausbildung Nutzfahrzeug-Service-Techniker beim Lkw-Hersteller MAN, ließ mich zum Kfz-Techniker-Meister weiterbilden und fand danach über MB-Tech meinen Weg zu Daimler. Heute kümmere ich mich um die technische Vorbereitung aller Fahrzeuge für die Medien und eben als Sonderprojekt auch um die Rallye-Fahrzeuge für die Aicha de Gazelles. Ein „ganz normales Projekt“? Ja. Nein. Auf jeden Fall mit jeder Menge Herzblut!
Anleitung zum Wüstenschiff
Also was brauche ich, um einen Transporter zum Wüstenschiff zu machen? Gut dass Sprinter und Vito schon den optionalen Allrad-Antrieb an Bord haben. Der Sprinter bekam zusätzlich große Räder mit grobstolligem Profil, einen Überrollkäfig, verstärkte Dämpfer und einen Unterfahrschutz aus Edelstahl. „Aufsetzer“ mit dem Unterboden sind bei der Rallye aufgrund der unebenen Wege ständig gegeben, und dagegen müssen Teile wie Ölwanne und Differentiale der Achsen vorn und hinten natürlich geschützt werden.
Die Reifen müssen bei allen vier Fahrzeugen ebenfalls sehr robust sein, gerade auch an der Flanke. Denn es ist nicht so, dass die Teams nur durch feinen Wüstensand fahren. Im Gegenteil: Ein Großteil der Strecke wird über Geröllpisten zurücklegt, bei denen spitze Brocken die Reifen jederzeit an der Seite aufschlitzen können.






Bei den Vitos (starten wie die Sprinter in der “Cross-Over”-Kategorie) haben wir noch etwas mehr verändert: Er besitzt, weil etwas flacher, einen noch stärkeren Unterfahrschutz, nämlich Unterbodenbleche aus 4 Millimeter starkem Edelstahl und auch der Tank ist komplett geschützt. Das Hinterachs-Getriebe bekam eine eigene Edelstahlplatte. Bei den Kotflügeln haben wir die Reifenausschnitte vergrößert, so dass die 17-Zoll-Reifen gut passen. Sieht stark aus! Auch die Vitos bekamen einen sich über die komplette Fahrgastzelle erstreckenden Überroll-Käfig. Und natürlich haben alle Fahrzeuge zur Navigation elektronisch gesteuerte Tripmaster an Bord. Und je zwei Ersatzreifen.
Das Lasten-Kamel
Der Sprinter, mit dem wir als Service-Fahrzeug unterwegs sind, ist der Lastenesel, Verzeihung, das Lasten-Kamel. Das schaukelt dann von Biwak zu Biwak in Marokko. Aus gutem Grund ist das Auto baugleich: Denn wenn ein Rennauto ausfällt, wird unser Fahrzeug zum Organspender.
Was haben wir eingepackt? Fahrwerksteile, Querlenker, Federn, Radnaben, Radlager Achswellen, alles was mit dem Fahrwerk zu tun hat. Außerdem haben wir noch Sensorik für die EuroVI –Motoren und die Getriebe, Kraftstoffsystem, Pumpen, Luftfilter, Stoßdämpfer und 22 Reifen Ersatz dabei.
Schrauber-Grundkurs
Aber unsere Frauen-Teams müssen auf den Etappen auch einiges selbst machen, falls etwas passiert, denn wir dürfen während einer Rallye-Etappe nicht aushelfen, dies gibt empfindliche Strafpunkte. Also haben wir mit Pilotinnen und Beifahrerinnen geübt, wie zum Beispiel ein Reifenwechsel mit einem „Airjack“ durchgeführt wird: Das ist ein stabiler Luftsack, der unter das Fahrzeug gelegt und dann mit dem Auspuff aufgepumpt wird. Auch einen Wechsel von verdreckten Luft- oder Kraftstoffiltern, oder einen Tausch von ABS-Sensoren (steuern die Traktion mit) an der Radnabe sollten unsere Aicha-Teams beherrschen.






Ich bin mal ganz ehrlich: Letztes Jahr, als unsere Damen mit dem Sprinter die Rallye gewannen, gab es für uns Techniker nicht viel zu tun. Die Autos „fuhren einfach“. Wir hatten sogar Zeit, uns um versandete SD-Karten zu kümmern. Der neue Vito ist für uns und in der Wüste natürlich auch Neu-Land. Aber ich freue mich ganz selbstbewusst auf viel Langeweile als Schrauber…
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Was Mann (und Frau) über die Rallye wissen muss
- Mercedes-Benz startet mit vier Teams bei 25. Rallye Aïcha des Gazelles
- Mercedes-Benz Vans ist Titelverteidiger in der Crossover-Kategorie
- Rund 2500 km Off-Road-Orientierungsfahrt durch die marokkanische Wüste
- Start der Jubiläumsrallye für Frauen war am 24. März in Nizza
- Vier deutsche und vier amerikanische Fahrerinnen sind mit dem neuem Vito 119 CDI 4×4 und dem Sprinter 316 CDI 4×4 für Mercedes-Benz am Start
- Mehr als 300 Teilnehmerinnen aus 17 Nationen sind am Start